Immer wieder werde ich gefragt, wie man mit einem Elektromotorrad Touren plant – und ob sich der sogenannte ChargeTank bei den aktuellen Modellen von Zero lohnt. Nach einem herrlichen Wochenende im Erzgebirge mit meiner Zero DSR/X – samt ChargeTank – und Christian auf seiner SR/F – ohne ChargeTank – bot sich die ideale Gelegenheit, unsere Rückfahrt von etwa 300 Kilometern unter realen Bedingungen zu dokumentieren und meine Herangehensweise an die Tourplanung zu erklären.
Zwei Bikes – zwei Ladephilosophien
Beide Motorräder gehören zur dritten Generation von Zero und sind mit einem 17,3-kWh-Akku ausgestattet. Serienmäßig verfügen sie über zwei integrierte Ladegeräte mit jeweils 3,3 kW Leistung – also insgesamt 6,6 kW. Während Christian seine SR/F in diesem Zustand belassen hat, habe ich mir im vergangenen Jahr den optionalen ChargeTank gegönnt – ein zusätzliches Ladegerät mit 6 kW Leistung, das Zero als Nachrüstoption anbietet. Der Preis liegt bei rund 3.000 Euro, hinzu kommen Einbaukosten zwischen 600 Euro (glücklicher Fund) und bis zu 1.500 Euro (bei fragwürdiger Preisgestaltung). Mein Tipp: Lasst Euch vorab einen Kostenvoranschlag machen und vergleicht bei mehreren Werkstätten. Es kann sich lohnen, dafür ein paar Kilometer mehr zu fahren.
Beide von uns eingesetzten Ladekabel stammen aus dem SteckerBiker-Shop und liefern maximal 11 kW. Für Christian ist das perfekt – seine SR/F kann ohnehin nicht mehr verarbeiten. Bei mir führt das 11-kW-Kabel dazu, dass der ChargeTank nur mit maximal 4,6 kW statt der vollen 6 kW lädt. In der Praxis ist dieser Unterschied allerdings meist unerheblich, da die volle Ladeleistung ohnehin nur bis etwa 50 % Ladestand (State of Charge – SoC) anliegt.
Der Start: Volle Batterien, volle Motivation
Wie üblich haben wir unsere Motorräder vor der Abfahrt komplett geladen – bei Zero bedeutet das: auf 110 % SoC, also über das eigentliche Akku-Nennmaß hinaus. Damit ging es los in Richtung Heimat – etwa 300 km lagen vor uns. Für mich hat sich über die Jahre eine gewisse Struktur bei der Tourenplanung bewährt, die ich auf dieser Rückfahrt wieder genau so angewendet habe.

Erste Etappe: Torgau nach gut 150 Kilometern
Die erste Etappe plane ich in der Regel mit etwa 75 % der realistischen Reichweite – meist also rund 150 Kilometer. Bei den aktuellen Temperaturen lag mein SoC bei Ankunft in Torgau bei etwa 26 %, was wunderbar passte. Die Ladesäule dort, mitten in der Innenstadt, war frei, sauber gelegen und in fußläufiger Nähe zur Fußgängerzone und öffentlichen Toiletten – perfekte Bedingungen für einen kurzen Zwischenstopp.
Hier zeigte sich zum ersten Mal der Vorteil des ChargeTanks: Während Christian rund eine Stunde brauchte, um seine SR/F wieder auf 80 % SoC zu bringen, war meine DSR/X in nur 40 Minuten so weit. So konnten wir gleichzeitig los, obwohl ich etwas schneller nachgeladen hatte.
Nächster Halt: Zossen nach etwa 100 Kilometern
Die weiteren Etappen plane ich grundsätzlich etwas kürzer – etwa 80 bis 100 Kilometer. Damit bleibt genug Spielraum für spontane Abstecher, Navigationsfehler oder belegte Säulen. In unserem Fall war Zossen das nächste Ziel – gut 100 Kilometer entfernt. Dort kamen wir mit etwa 15 % SoC an. Da wir beide nur noch 40 bis 50 Kilometer bis nach Hause vor uns hatten, reichte eine Teilaufladung auf etwa 50 % vollkommen aus.
Auch hier zeigt sich der Unterschied zwischen den beiden Ladesystemen: Ich war mit ChargeTank nach etwa 20 Minuten wieder startklar, Christian benötigte 30 Minuten – also nur 10 Minuten mehr. Der Grund: Die Ladesäule in Zossen leistete maximal 11 kW. Damit verpufft der Ladevorteil des ChargeTanks weitgehend, da die Infrastruktur den möglichen Geschwindigkeitsvorteil begrenzt.

Wo der ChargeTank wirklich glänzt – und wo nicht
Der Zeitgewinn durch den ChargeTank liegt im Schnitt bei rund einem Drittel. Besonders deutlich wird das an leistungsfähigen Ladesäulen mit 22 kW – vorausgesetzt, man nutzt ein entsprechendes (allerdings deutlich unhandlicheres) 22-kW-Kabel. An den in Deutschland sehr verbreiteten 11-kW-Säulen relativiert sich der Vorteil stark. Insofern hängt der reale Nutzen des ChargeTanks vor allem von der Ladeinfrastruktur entlang der geplanten Route ab – und natürlich vom eigenen Fahrverhalten.
Wer regelmäßig längere Strecken fährt und unterwegs öfter lädt, wird vom ChargeTank profitieren. Wer dagegen meist lokal unterwegs ist oder Ladepausen nicht als lästig empfindet, kann sich das Geld vermutlich sparen. Dennoch: Wenn sich ein gutes Angebot für eine gebrauchte Maschine mit ChargeTank ergibt, würde ich immer zur Variante mit CT greifen. Der lässt sich auch später noch nachrüsten – zu denselben Konditionen wie beim Neukauf.
Tourenplanung leicht gemacht
Meine Empfehlung für die praktische Tourenplanung: Die erste Etappe sollte etwa 75 % der realistischen Reichweitebetragen – das ergibt eine solide Strecke für den Start und bringt die Batterie auf einen sinnvollen Ladezustand für effizientes Nachladen. Alle weiteren Etappen sollten bei etwa 50 % der Reichweite liegen. So hat man immer einen Puffer für unvorhergesehene Umleitungen oder Ladeprobleme.
Ich lade unterwegs meist bis 80 %, weil darüber hinaus die Ladegeschwindigkeit stark abnimmt. Nur wenn das Tagesziel es erfordert, ziehe ich die Batterie weiter hoch. Gleichzeitig achte ich darauf, Ladesäulen in der Nähe von Cafés, Supermärkten oder öffentlichen Toiletten zu wählen – das macht die Ladezeit zur willkommenen Pause statt zum Zwangsstopp.
Mein Fazit
Wer seine Touren realistisch plant und die Ladepausen als Teil der Reise akzeptiert, kann auch mit einem Elektromotorrad problemlos Tagesetappen von mehreren hundert Kilometern fahren. Der ChargeTank ist dabei eine komfortable, aber nicht zwingend notwendige Ergänzung. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht eine sinnvolle Routenplanung und die Auswahl geeigneter Ladepunkte.
Mit etwas Erfahrung und der richtigen Vorbereitung ist elektrisches Tourenfahren heute absolut machbar – und macht richtig Spaß. Aber das wisst Ihr ja selbst…