Can-Am senkt die Preise – Weckruf für den E-Markt?
BRP hat die Listenpreise der Can-Am-Elektromotorräder in Deutschland spürbar nach unten korrigiert. Auf der deutschen Hersteller-Seite steht die Pulse nun „ab 12.899 €“, die Origin „ab 13.499 €“ – jeweils inklusive MwSt., exklusive Fracht/ Gebühren. Damit rücken beide Modelle preislich deutlich näher an gut ausgestattete Verbrenner-Mittelklasse heran.
Damit verabschiedet sich Can-Am von den ursprünglich kommunizierten, deutlich höheren Einstiegspreisen. Bei Vorstellung und Vorverkauf 2024 wurden für Deutschland 16.899 € (Pulse) und 17.499 € (Origin) genannt – heute liegt das Ticket pro Modell exakt 4.000 € darunter. Für einen Markt, in dem E-Bikes oft am „Sticker-Schock“ scheitern, ist das ein Paukenschlag.
Wer die Branche in den letzten Wochen beobachtet hat, spürt: Das ist kein isolierter Schritt. LiveWire hat mit der „Twist & Go“-Aktion die gesamte S2-Baureihe kräftig im Preis gedrückt – zeitlich befristet vom 28. August bis 31. Oktober 2025 und mit Einstiegspreisen, die in den USA erstmals vierstellig beginnen. Parallel fährt Zero seine „Go Electric“-Programme mit bis zu 5.000–6.000 € Nachlass in Europa – offiziell befristet, praktisch schon mehrfach verlängert. Auch bei Maeving in UK tauchen regelmäßig befristete Angebote und Finanzierungsdeals auf, um Interessierte in den Sattel zu bringen. Zusammen erzeugt das ein Preissignal, das auch Zaudernde aufhorchen lässt.
Warum diese Preisdynamik – und warum jetzt? Ein Teil der Antwort steckt in den Zahlen. In Europa sind die Neuzulassungen im ersten Halbjahr 2025 in den fünf größten Märkten insgesamt zweistellig rückläufig, der Wind steht also gegen Volumenstrategien. In Großbritannien kamen 2024 lediglich 3.750 E-Motorräder neu auf die Straße – der größte Teil davon im 125er-Nahbereich. Solche Größenordnungen sind für Hersteller zu klein, um über hohe Listenpreise breite Käuferschichten zu erreichen. Die Konsequenz: Wer Bewegung will, muss die Hemmschwelle senken – und zwar am deutlichsten dort, wo es am meisten schmerzt: beim Anschaffungspreis.
Was bedeutet das für Fahrerinnen und Fahrer? Vor allem, dass der Abstand zu vergleichbaren Verbrennern endlich kleiner wird. Die Pulse adressiert den urbanen Alltag, die Origin bedient das Dual-Sport-Narrativ – beide waren in der Wahrnehmung bislang eher „nice to have“, aber teuer. Mit der neuen Preislinie schiebt Can-Am beide Modelle in eine Region, in der Probefahrten nicht mehr automatisch an der Preisliste scheitern. Und genau das braucht dieser Markt: Berührungsängste abbauen – durch Erleben, nicht nur durch Datenblätter.
Ist das alles zufällig zeitgleich – oder Teil eines größeren Plans? Eine echte „Preis-Koalition“ lässt sich von außen nicht belegen. Aber nach LiveWire, Zero und Maeving nun Can-Am: Man könnte meinen, die Hersteller würden zumindest das gleiche Blatt spielen. Aus Herstellersicht ist das logisch: gedämpfte Zulassungen, hohe Fixkosten, neue Euro-5+-Rahmenbedingungen, und eine Käuferschaft, die zwar neugierig ist, aber eben preis- und alltagssensibel. Preisaktionen sind da weniger Verzweiflung als Markterziehung – ein Versuch, die berühmte „erste Million Probefahrten“ schneller zu erreichen.
#SteckerBiker-Fazit
Can-Am setzt das nächste Ausrufezeichen eines Sommers, der für E-Motorräder vor allem eines bedeutet: Greifbarkeit. Wenn die Branche diesen Preiskurs hält, könnte aus zögerlichem Interesse echte Bewegung werden – auf Händlerhöfen, in der Zulassungsstatistik und auf der Straße. Ob abgestimmt oder nicht: Uns gefällt die Richtung. Jetzt müssen Probefahrten, Händlernetze und ehrliche Reichweiten-Kommunikation nachziehen. Vielleicht ist genau das die Initialzündung, die wir uns seit Jahren wünschen. Wir bleiben dran – und schauen sehr genau hin, wie der Markt auf den neuen Takt reagiert. 🚀