LiveWire „One“ – vom Premium-Bike zum Preisbrecher
Was 2019 als elektrisches Aufbruchssignal von Harley-Davidson gefeiert wurde, wirkt heute wie ein K(r)ampf gegen die Zeit: Der LiveWire One fehlt es bis heute an echter technischer Weiterentwicklung – geblieben sind tiefe Preisnachlässe und große Erwartungen. Jetzt rutscht der Preis erstmals unter die 20.000-Euro-Marke. Ist das der erhoffte Wendepunkt oder ein letzter Versuch, am Markt Fuß zu fassen?
Der elektrische Aufbruch von Harley-Davidson
2019 brachte Harley-Davidson sein erstes vollelektrisches Motorrad auf den Markt: die „LiveWire“. Mit einem Einstiegspreis von 32.995 € in Deutschland war sie kein günstiges Vergnügen – doch Marke, Technologie und Exklusivität sollten den Preis rechtfertigen. Händler setzten auf das Premium-Image, doch der hohe Preis schreckte viele potenzielle Käufer ab.
Hinzu kam: Viele Händler standen der neuen Antriebstechnik skeptisch gegenüber und hielten eher am klassischen Verbrennungsmotor fest.
2021 folgte ein wichtiger Schritt: Die Elektrosparte wurde unter dem eigenständigen Markennamen „LiveWire“ausgegliedert. Mit dem Rebranding kam auch eine Preisanpassung – in den USA sank der Einstiegspreis auf 21.999 Dollar, in Europa auf 24.990 Euro. Der Plan, eigene LiveWire-Stores zu etablieren, scheiterte jedoch. Stattdessen wurden die Modelle wieder über das klassische Harley-Händlernetz verkauft. Die neue Namensgebung sorgte für Verwirrung bei Kunden, und viele Händler mussten die ursprüngliche Harley LiveWire mit deutlichen Rabattenabverkaufen. Eine klare Linie war schwer zu erkennen.
Vier Jahre nach dem Debüt der technisch kaum veränderten „One“ präsentierte LiveWire 2023 die „S2 Del Mar“ – das erste Modell auf der neuen „Arrow“-Plattform. Inzwischen sind mit der „Mulholland“ und der „Alpinista“ zwei technisch ähnliche Varianten hinzugekommen. Die Modellpalette wächst – und mit ihr die Hoffnung, dass sich LiveWire langfristig als eigenständige Elektromarke etablieren kann.

Technisch ihrer Zeit voraus?
Rückblickend zeigt sich: Die „One“ war (ist?) ihrer Zeit voraus. Mit ihrem 15,4 kWh großen Akku und der DC-Schnellladefähigkeit über CCS hebt sie sich deutlich von ihren S2-Schwestern (Typ2 AC-Ladung, 10,5 kWh) ab. In der #SteckerBiker-Community wurde laut und kontrovers über die „richtige“ Ladetechnologie der Zukunft diskutiert.
Doch der Siegeszug des CCS-Standards im Automobilsektor – und damit die Etablierung der Gleichstrom-Schnellladung – hat auch den Wunsch nach vergleichbaren Lösungen im Zweiradbereich verstärkt.
Während der CCS-Schnellladestandard europaweit massiv ausgebaut wird, überzeugt die Technik nicht nur durch ihre Ladegeschwindigkeit, sondern auch durch Einfachheit: Bei der Gleichstromladung entfallen das verbaute Ladegerätsowie das eigene Ladekabel – eine klare Vereinfachung für #SteckerBiker. Eine Ladung von 0 auf 80 % gelingt in nur 40 Minuten – ideal für Alltag, Touren oder längere Reisen.
So erweist sich die „One“ nicht nur als technologischer Vorreiter, sondern auch als zukunftsweisende Antwort auf die Anforderungen moderner Elektromobilität im Zweiradsegment.
Marken wie Energica und Verge setzen ebenfalls auf CCS, während ZERO aktuell den Trend zu verschlafen scheint. Oder ist es doch nur eine Frage des Preises?

LiveWire „One“ jetzt ab 19.890 Euro
Für gerade mal 1.000 Euro mehr wird die „One“ zur größten Konkurrenz im eigenen Haus: Im Vergleich zu den S2-Modellen ist sie (plötzlich) das deutlich bessere Angebot.
Mit 1.000 Nm, 20 kWh Batterie, Felgenmotor und CCS-Ladung muss man für die Verge TS Pro knapp 36.000 Euro auf den Tisch legen. (Zugegeben: Der Vergleich hinkt etwas – wir machen ihn trotzdem 😊)
Das Modell SR von ZERO startet mit etwa gleich großer Batterie und lediglich einem verbauten 3,3 kW AC-Typ2-Lader bei 18.640 Euro. Die Modelle SR/S und SR/F mit 17,4 kWh Akku und 6,6 kW AC-Typ2-Lader gibt es ab 23.640 Euro. Ein zusätzlicher Schnelllader erhöht die Ladeleistung auf ca. 12 kW – und den Preis um weitere 3.000 bis 3.500 Euro.
Selbst nach der Pleite von Energica – wir berichteten darüber – werden junge gebrauchte Experia mit 22 kWh Akku und CCS-Ladefähigkeit für über 23.000 Euro gehandelt.

#SteckerBiker-Fazit
Die drastische Preissenkung der LiveWire „One“ unter die 20.000 Euro-Marke könnte neue Impulse setzen: Das Bike bietet im Vergleich zu den S2-Modellen und externen Konkurrenten weiterhin ein technisch gutes sowie preislich ausgezeichnetes Gesamtpaket.
Wenn die Preisdifferenz ausreichend kommuniziert und glaubwürdig vermittelt wird, könnte die „One“ für preisbewusste E-Motorradfans plötzlich sehr attraktiv werden.
Allerdings müssten die Verkaufszahlen deutlich steigen, um das bestehende finanzielle Defizit merklich zu reduzieren – aktuelle Prognosen wirken angesichts eines verbleibenden Verlusts von 70–80 Mio USD im Jahr 2025 weiterhin ambitioniert.
Ob der neue Preis tatsächlich ein nachhaltiger Wendepunkt ist, hängt stark von der Marktresonanz und der Fähigkeit von LiveWire ab, die Modelle über das Händlernetz in ausreichend großen Stückzahlen an den Kunden zu bringen – die Zeit drängt!
Mehr Infos gibt’s hier:
https://www.livewire.com/de-de/livewire-one-electric-motorcycle