Rekuperation: Mehr als nur Energierückgewinnung

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Author Áron Kertész

Ich fahre seit 25 Jahren Motorrad – und seit 5 Jahren elektrisch. In dieser Zeit hatte ich vier verschiedene Elektromotorräder: drei Modelle von Zero (S, DSR, DSR/X) und eine Energica SS9. Elektromotorrad fahre ich nicht, um die Welt zu retten – sondern weil ich einfach die Technologie und das Fahrerlebnis liebe.

Technische Gadgets faszinieren mich. Dinge, die Bekanntes neu definieren oder komplett anders denken – wie ein Elektromotorrad. Umso enttäuschender, wenn Hersteller bei innovativen Ideen sparen. Es geht nicht nur um stärkere Motoren oder bessere Fahrwerke, sondern um die Liebe zum Detail, um das Besondere am Gadget.

Rekuperation als Knackpunkt

Für mich ist Rekuperation bei Elektromotorrädern ein zentrales Thema. Hier kann man nicht einfach vom Verbrenner kopieren – hier ist echtes Umdenken gefragt.

Aber was bedeutet Rekuperation eigentlich?

Ein Elektromotor hat zwei Modi:

  • Er kann das Motorrad antreiben

  • Oder – als Generator genutzt – beim Bremsen Energie zurückgewinnen

Das fühlt sich ähnlich an wie die Motorbremse beim Verbrenner – ist aber viel cooler: Man kann Energie zurückgewinnen und das Bremsverhalten präzise dosieren. Klingt genial, oder?

Das Problem

Viele Hersteller, so auch Zero und auch Energica setzen bei der Rekuperation auf eine Lösung, die man aus dem Automobilbereich kennt:

Der Gasgriff hat zwei Bereiche:

  • Rekuperation (~0–15°)

  • Beschleunigung (~15–60°)

Der Ruhepunkt liegt bei 0°.

Für den Fahrer bedeutet das: Man kann zwar per App einstellen, wie stark die Rekuperation beim Loslassen des Gasgriffs sein soll – aber während der Fahrt ist „Segeln“, also ausrollen, kaum möglich.

Lässt man den Gasgriff los, bremst das Motorrad stark ab. Versucht der Fahrer, den Griff genau zwischen Rekuperation und Beschleunigung zu halten – gelingt das Segeln. Den Gasgriff aber genau an diesem Punkt zu halten erfordert Konzentration und ist auf Dauer ziemlich anstrengend.

Gerade auf langen Touren wäre es schön, einfach loszulassen und zu rollen – und trotzdem gezielt rekuperieren zu können.

Mögliche Lösungen

Ein Schritt zurück: Ein Elektromotorrad kennt eigentlich vier Fahrzustände:

  • Beschleunigen

  • Rollen

  • Bremsen

  • Rekuperieren

Die ersten drei kennt man vom Verbrenner – aber bei der Rekuperation gibt es Spielraum für Innovation.

Zwei Ideen, die ich spannend finde:

1. Gasgriff mit versetztem Ruhepunkt
Der Gasgriff könnte seinen Ruhepunkt nicht bei 0°, sondern bei etwa 15° haben. Lässt der Fahrer den Griff los, rollt das Motorrad frei. Erst durch aktives Drehen in den „negativen“ Bereich würde rekuperiert.

Diese Lösung gab es bereits bei einigen frühen E-Rollern, wurde aber nicht weiterverfolgt.

2. Rekuperationshebel auf der linken Seite
Die linke Lenkerseite ist bei Elektromotorrädern oft ungenutzt (keine Kupplung, kein Schaltgriff). Ein separater Hebel für die Rekuperation wäre denkbar.

Allerdings kann man mit Rekuperation allein das Motorrad nicht vollständig zum Stillstand bringen – und ein zusätzlicher Hebel könnte für manche Fahrer verwirrend oder sogar gefährlich sein.

Das sind nur zwei von vielen möglichen Ansätzen

Fazit:

Rekuperation ist weit mehr als ein netter Nebeneffekt der E-Mobilität – sie ist ein zentrales Element des Fahrerlebnisses. Doch aktuell schöpfen viele Hersteller das Potenzial nicht aus. Statt einfach Lösungen aus dem Automobilbereich zu übernehmen, braucht es neues Denken, Mut zur Innovation und Liebe zum Detail. Denn genau darin liegt der Reiz des Elektromotorrads: Technologie spürbar zu erleben, nicht nur effizient, sondern auch emotional. Wer hier kreativ wird, kann das Fahrerlebnis auf ein neues Level heben – und die Zukunft der Mobilität aktiv mitgestalten.

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