Sportliches Fahren tut dem Akku gut! Oder etwa nicht?
In den vergangenen Monaten machte eine wissenschaftliche Studie die Runde, die bei vielen E-Mobil-Fans für Aufsehen sorgte: „Sportliches Fahren verlängert die Lebensdauer der Batterie“, so lautete sinngemäß die Interpretation einiger Medien. Das klang fast zu schön, um wahr zu sein – und war es leider auch. Denn leider steht jetzt fest: Die Studie wurde gründlich missverstanden. AVILOO, Spezialist für Batteriediagnose, bringt nun Licht ins Dunkel – und zeigt, warum nicht die Kilometerzahl, sondern die Ladezyklen über die Lebensdauer der Batterie entscheiden. Und das gilt nicht nur für Elektroautos, sondern auch für Elektromotorräder.
Was die Studie wirklich untersucht hat
Die im Dezember 2024 in Nature Energy erschienene Studie „Dynamic Cycling Enhances Battery Lifetime“ wurde von vielen als Hinweis gedeutet, dass dynamisches Fahrverhalten die Batterie schone. Doch mit „dynamisch“ war hier nicht das Beschleunigen aus der Kurve gemeint, sondern die elektrische Belastung der Zellen im Labor.
Konkret verglichen die Forschenden zwei Szenarien:
Labortests mit konstantem Strom
Dynamische Lade- und Entladezyklen, wie sie in der Praxis vorkommen
Das Ergebnis: Die reale Belastung durch wechselnde Stromstärken führt nicht zu einer stärkeren Alterung – im Gegenteil, Labortests mit gleichförmigem Strom überschätzen die Degradation. Das sagt jedoch nichts darüber aus, ob sportliches Fahren im Alltag besser für die Batterie ist. Und genau hier setzte das Missverständnis an.
AVILOO liefert Daten aus dem echten Leben
Um der Frage auf den Grund zu gehen, wie sich Fahrverhalten tatsächlich auf die Batterien auswirkt, hat AVILOO eine große Feldstudie durchgeführt – mit 402 Fahrzeugen, die alle denselben Akkutyp und Hersteller hatten. Das Ziel: Zusammenhang zwischen Fahrstil und Energieverbrauch erkennen.
Die Ergebnisse:
Moderates Fahrverhalten: 16–18 kWh/100 km
Sportlicher Fahrstil: rund 30 kWh/100 km
SUV-Faktor: bis zu +9 kWh/100 km allein durch Fahrzeugmasse
Der Grundmechanismus dahinter ist einfach: Wer mehr verbraucht, muss öfter laden. Und jeder Ladezyklus zählt für die Lebensdauer. AVILOO-CTO Nikolaus Mayerhofer erklärt:
„Ein aggressiver Fahrstil führt dazu, dass der Akku im gleichen Zeitraum deutlich mehr Ladezyklen durchläuft.“
100.000 km mit sportlicher Fahrweise entsprechen aus Sicht des Akkus ungefähr 110.000 km mit ruhiger Fahrweise – oder anders gesagt: Die Batterie altert schneller.
Gilt das auch für Elektromotorräder? Ganz klar: Ja!
Auch wenn die AVILOO-Daten auf Elektroautos basieren, lassen sich die zentralen Erkenntnisse problemlos auf Elektromotorräder übertragen. Denn die physikalischen und chemischen Prozesse in Lithium-Ionen-Akkus sind identisch – unabhängig vom Fahrzeugtyp.
Was sich unterscheidet, sind Größe, Gewicht und Leistungsabgabe der Fahrzeuge. Doch auch bei E-Motorrädern gilt:
Wer oft stark beschleunigt, beansprucht den Akku stärker.
Wer häufiger lädt (etwa wegen sportlicher Fahrweise), erhöht die Ladezyklen.
Und wer den Akku regelmäßig an seine thermischen oder elektrischen Belastungsgrenzen bringt, verkürzt dessen Lebensdauer.
Gerade bei E-Motorrädern, wo Reichweite und Ladeplanung eine besonders große Rolle spielen, lohnt es sich also doppelt, auf einen effizienten Fahrstil zu achten.
Worauf man achten sollte – unabhängig vom Fahrzeug
Wer seinem Akku – egal ob im Auto oder Motorrad – etwas Gutes tun möchte, kann sich an folgende Tipps halten:
Fahrstil: Vorausschauend und gleichmäßig fahren spart Energie
Ladeverhalten: Schnellladen nur bei Bedarf, sonst lieber langsam
Temperaturmanagement: Keine extrem heißen oder kalten Parkplätze, wenn es sich vermeiden lässt
Ladezustand im Blick behalten: Möglichst keine langen Standzeiten mit >80 % Akkuladung
Vorkonditionierung (bei Autos): Nur bei angestecktem Fahrzeug nutzen – bei Motorrädern spielt dieser Punkt meist keine Rolle
SteckerBiker-Fazit: Reichweite ist nicht alles – Ladezyklen zählen mehr
Die vermeintliche Erkenntnis, dass sportliches Fahren dem Akku gut tue, hält einer genaueren Betrachtung nicht stand. Schade. In Wahrheit ist es der häufige Wechsel von Entladung und Aufladung, der den Akku langfristig beansprucht – und sportliches Fahren beschleunigt halt genau diesen Zyklus.
Ob Auto oder Motorrad: Entscheidend für die Lebensdauer der Batterie ist weniger die zurückgelegte Strecke, sondern die Anzahl der Ladezyklen – und wie diese zustande kommen. Wer bewusst fährt, Energie spart und das Akkupack nicht unnötig stresst, wird mehr Kilometer Freude an seinem elektrischen Begleiter haben.
Und der Fahrspaß? Der soll dabei natürlich nicht auf der Strecke bleiben – schließlich ist das Beschleunigungsvermögen moderne E-Motorräder eine ihrer absoluten Stärken. Aber vielleicht ist es nicht nur aus Gründen der Verkehrssicherheit manchmal sinnvoll, sich zwischendurch immer wieder mal etwas zurückzuhalten, die Landschaft entspannt an sich vorbeigleiten zu lassen und die Ruhe zu genießen.