Jahrelang war ich davon überzeugt, dass Laden an Wechselstrom die bessere Lösung sei als an Gleichstromsäulen. Heute weiß ich: Das war ein Irrweg – und eigentlich hätte mir das schon viel früher klar werden müssen. (M)ein ganz persönlicher Rückblick.
Zehn Jahre elektrisch: die Anfänge
Seit fast zehn Jahren fahre ich elektrisch Motorrad, angefangen mit einer Zero SR 13.0 und peinlichen 1,3 kW Ladeleistung über die Schuko-Steckdose. Neun Stunden Ladezeit bedeuteten, dass an große Touren kaum zu denken war – und doch war es genau das, was ich wollte. Um den auf Gleichstrom laufenden Akku an Wechselstrom laden zu können, war (mindestens) ein Ladegerät nötig, das den Strom umwandelte. Diese Teile brauchen Platz – den wir am Motorrad eigentlich nicht haben – bringen ordentlich Gewicht mit sich UND sind sehr preisintensiv.

Vom Schnarchladen zum ersten Chargetank
Nach nur wenigen Monaten Schnarchladung entschied ich mich für den Chargetank: ein fest verbauter 2,5-kW-Lader, kombiniert mit dem 1,3-kW-Onboard-Charger. Zusammen kam ich so auf 3,8 kW, was damals schon als Fortschritt galt. Mit einem externen Quick-Charger erreichte ich 5 kW. Trotzdem blieb das Verhältnis bitter: zwei Stunden fahren, zwei Stunden laden. Spätestens 2016/17 hätte mir klar sein müssen, dass dies nicht der Weg in die Zukunft sein konnte. Doch ich hielt weiter daran fest.

10 kW mit Bauchweh: Kabelsalat statt Komfort
Einige tausend Euro später stand ein externes Setup bereit, mit Kabeln und Steckern, die rund um die Zero verteilt eingesteckt werden mussten. Das brachte immerhin 10 kW Ladeleistung und eine Ladezeit von etwa 70 Minuten, aber praktisch war es nicht. Um anzuschließen, musste ich mich auf die Knie begeben und hinter den (dreckigen) Motor greifen, für den Transport brauchte ich eine Tasche oder ein Topcase. Das alles war weit entfernt von einer komfortablen Lösung.

Der Wechsel zur Zero SR/S: Typ 2 als Hoffnungsträger
2020 kam der Umstieg auf die Zero SR/S. Endlich kein „Geraffel“ mehr: Ein normales Typ2-Kabel reichte aus, um die Maschine mit der Ladesäule zu verbinden. Mit den verbauten 2×3 kW Ladern lag die Leistung zwar nicht weit über den 5 kW, die ich schon Jahre zuvor erreicht hatte, aber zusammen mit dem zusätzlichen 6-kW-ChargeTank ergab sich eine Systemleistung von 12 kW und damit eine Ladezeit von rund einer Stunde. Zu schön um wahr zu sein? Die Freude hielt nicht lange an.

2025: Ernüchterung an der AC-Säule
Eine neue Batterie (Garantie) und ein paar Updates später kam 2025 die trockene Ernüchterung: 80 % Ladehub in einer Stunde – Gesamtladezeit ca. 1:30 h – bei falschen Kabeln (Codierung, Phasenbelegung) oder einer 3,6/11 kW Ladesäule und verschiedenen Temperaturen noch deutlich mehr – das ist nicht nur ein Schritt in die falsche Richtung, sondern absolut unzeitgemäß.

Die Lösung: CCS-Gleichstrom
Die eigentliche Lösung heißt CCS-Gleichstrom. Für mich als Langstreckenfahrer ist die Sache eindeutig: Die Ladegeräte sind in der Säule integriert, ich muss keine zusätzlichen Geräte mitführen, habe kein Mehrgewicht und keine Extrakosten. Der Gleichstrom fließt direkt in die Batterie, Ladeleistungen von 20 bis 30 kW sind auch mit den relativ kleinen Akkus problemlos möglich, und 80 Prozent sind in 20 bis 25 Minuten geschafft. Ein echter Quantensprung, den Hersteller wie Energica, Verge oder Harley-Davidson/LiveWire schon seit Jahren anbieten.
Fazit: Späte Einsicht, klare Konsequenz
Ärgere ich mich? Ja, und zwar sehr. Wie konnte ich so lange so viel Geld für Ladegeräte/Kabel und vor allem so viel Ladezeit verschenken, obwohl die Lösung längst vor mir lag? Zumindest in den letzten Jahren – wo der Ausbau von CCS-Ladeinfrastruktur massiv voran getrieben wurde – hätte ich umsteigen sollen. Aber am Ende bleibt immerhin die Einsicht – und die ist ja bekanntlich der erste Schritt zur Besserung.
#fastcharge #CCS #NoMoreAC
Eine Antwort
Und welches Zweirad kommt nach diesem Erkenntnisgewinn in die Garage? Verge (100.000€)? Energica (pleite)? HD (nur LivvvvvvvvvvvvveWire One)?
Schön ärgerlich, wenn die Realität auf die Theorie keine Rücksicht nimmt.